Hintergründe

Wir erschaffen auf unserer Bühne eine in-time Blase!

19. November 2015
Post Image

In meinem Oktober-Eintrag hatte ich versprochen das Interview mit uns und der LARPzeit hier abzudrucken.

Wer es gern so haben möchte wie es abgedruckt war, hier der link zur pdf: http://www.kapeiken.com/LZ49_Kapeiken.pdf

Quelle: LARPzeit #49, September 2015, www.larpzeit.de

Hier nun das Interview:

Ein frischer und ungewöhnlicher Klang kombiniert mit weißen, hohen Rokokoperücken, Strumpfhosen und Schönheitsfleck – Die Kapeiken fallen sowohl akustisch als auch optisch aus dem Rahmen der üblichen Larp-Bardentruppen. Man trifft sie nicht nur auf kleinen und großen Cons, sie haben auch Anfang Mai ihre erste CD herausgebracht. Für die LARPzeit plaudern Florian Schepelmann, auch bekannt als Fistus Famos, und Marcel Celli Hoyer, bekannt als KnickKnack, aus dem Geigenkasten. Das Interview führte Kathrin Oeltjen.

LARPzeit: Ich habe mich schlau gemacht:Kapeiken ist ein Begriff aus dem Ruhrpott und heißt Asoziale. Das ist aber nicht Euer Niveau, oder?

Fistus Famos: Der Name konterkariert schön unsere schicke Rokokokleidung … Gegensätze gehören zu unserem Konzept und das merkt der Hörer vor allem an unserer Musik. Dort paaren wir alle vorstellbaren Musikrichtungen, beispielsweise Polka, Tango, Folk, Funk, Soul oder Punk, elektrisch oder unplugged schamlos miteinander. Aber das Grundgerüst ist und bleibt der Rock. Die typischen Skandalrocker der Musikhistorie haben sich mit ihrem zerstörerischen Hotelverhalten immer gerne asozial verhalten. Unsere Alter Egos sind eben solche Skandalrocker und dazu passt der Name echt gut. Im wahren Leben sind wir aber sehr anständig und haben keine Musik studiert, wie wir es gern in Rolle behaupten.

LZ: Seit wann seid Ihr schon gemeinsam musikalisch aktiv?

KnickKnack: Die Kapeiken haben sich in ihrer Grundform mit Lass Lego an der Cajón, Fistus beim Gesang und an der Gitarre und mir am Bass 2012 auf dem Conquest of Mythodea gegründet. Inzwischen sind aber weitere Mitglieder hinzugekommen – zum Beispiel Don Porno, Finnen, Fräulein Strumpf, Miss Geschick und Miss Verständnis – und somit verwischt dieser Zeitpunkt des gemeinsamen Aktivseins ein wenig.

LZ: Eure Musik auf der neuen CD Liebe & Hiebe klingt arg nach Punk, gemischt mit sehr klassischen Elementen, gerade was die Stimmen angeht. Wo seht Ihr Eure Wurzeln?

Fistus: Bei uns beiden, die man als treibende Kraft bei den Kapeiken verstehen darf, liegen die Wurzeln ganz klar im Funk und Rock, beides Musikrichtungen, die sehr rhythmisch orientiert sind. Wir mögen es, wenn es groovt und man sich zur Musik bewegen will. Die klassischen Elemente sind ganz klar aus der Situation geboren. Wir haben auf Larps wegen der mangelnden Elektrizität und der fehlenden in-time Tauglichkeit keine Möglichkeit gehabt, unsere Instrumente zu verstärken. Um trotzdem unplugged richtig voll zu klingen, wird der Kontrabass von KnickKnack gestrichen statt gezupft und die Gesänge sind hauptsächlich mehrstimmig arrangiert. Auf unserem Doppelalbum Liebe & Hiebe gibt es aber auch die elektrische Variante zu hören.

LZ: Woher kommt Eure Nähe zum Larp? Ihr singt zum Beispiel über Mitraspera, einen Kontinent der Live Adventure Kampagne, und seid jüngst auf dem Jenseits der Siegel aufgetreten.

Fistus: Wir sind Larper und die Larpszene ist toll! Wir wollen dafür Texte und Lieder schreiben, und wenn wir auf einer outtime Bühne spielen, erschaffen wir auf unserer Bühne eben eine in-time Blase! Eigentlich wieder etwas, das sehr gut zum Rock passt. Wer glaubt denn schon, dass die Rocker von Kiss im realen Leben so sind wie auf der Bühne? Manowar würde sich sehr gut auf einem Barbaren-Con machen, aber privat laufen die bestimmt nicht in Fell gehüllt durch die Gegend.

LZ: Ihr verzichtet dennoch auf typische Elemente wie Dudelsack und Co., beziehungsweise habe ich beim Vorbeigehen auf dem Jenseits der Siegel gehört, dass Ihr den Dudelsack angesagt und mit Euren Stimmen simuliert habt. Wie kommt Ihr auf so etwas?

KnickKnack: Die Verwendung von Dudelsack, Tin Whistle oder Harfe würde uns wieder in eine Schublade drücken, die wir nicht ausschließlich bedienen wollen. Wir versuchen festzuhalten, was einem im Larp passiert und jeder schon erlebt hat oder zu erleben wünscht. Dazu gehört auch der immer und überall zu hörende Dudelsack. Mal ehrlich, eine Zeitlang gab es an jedem Abend auf einem Großcon nur Dudelsackbands in den Tavernen zu hören. Viele Larper haben sicherlich ihren Freunden beim Rekapitulieren eines Einschlafversuchs erzählt: Wenn da nicht dieses dauernde Määh Mäh Mäh gewesen wäre! Wenn wir es mit dem Mund nachstellen, soll es diese Nervigkeit auf humorvolle Art vermitteln und unsere Dudelsackdarsteller waren bisher sehr authentisch.

LZ: Wie kam es zu Euren doch sehr auffälligen Gewandungen und eckt Ihr damit nicht an?

KnickKnack: Manche, wie auch die SL des Epic Empire, behaupten, dass wir mit unserem Rokoko-Outfit nicht ins Fantasy- Larp gehören. Wir sehen das ganz anders, denn Fantasy hat neben Drows, Orks, Elfen, Katzenwesen und so weiter ihre Welten neben den bekannten Fantasybüchern durch Pen and Paper-Rollenspiele wie Earthdawn, Dungeons and Dragons oder Das Schwarze Auge erhalten. Da gab es sehr wohl Ländereien, die barock angehaucht waren und in denen Piraten lebten. Auf dem Drachenfest 1999 gab es einen Warhammer-Panzer der Maschinistengilde. Gerade die Großcons haben in ihrem Hintergrund absichtlich verankert, dass sie die Völker unterschiedlichster Welten anziehen. Wir sind eben auch da und müssen neben den zahlreichen Römern, Rittern und Marinesoldaten auffällig sein. Wir hatten sogar den Anspruch, einzigartig zu sein, und es musste eine Verbindung zur Musik zu erkennen sein.

Fistus: Marcel gab den Anstoß für die mit Abstand eleganteste Modeepoche in Hinblick auf den männlichen Kleiderschnitt, das Rokoko. Die Mischung von Mozartperücken und Kontrabass erfüllte unsere Anforderungen, vor allem auf den Großcons. Bei kleineren Cons muss man schauen, ob der Hintergrund der Story uns zulässt. Aber bisher hatten wir damit noch keine Probleme – oder wir wurden einfach nicht gebucht.

LZ: Apropos: Wie kann man Euch buchen und wohin seid Ihr bereit zu fahren? Was ist für Euch als Veranstaltung interessant?

KnickKnack: Man kann uns über Fräulein Strumpf buchen. Am besten via E-Mail an strumpf@kapeiken.com. Wir sind im deutschsprachigen Raum unterwegs und spielen nächstes Jahr auch in Österreich und in der Schweiz. Entfernungen spielen noch keine Rolle für uns. Wir nehmen von großen Musikfestivals bis zu Tavernen-Tagescons alles mit, versuchen aber den Veranstaltern kleinerer Cons finanziell entgegenzukommen. Wir können Technik mitbringen und haben sehr gute Kontakte, um eine große Bühne mit Licht und Technik auf die Beine zu stellen. Also, alles ist irgendwie machbar.

LZ: Was den Humor angeht: Eure Liedtexte versetzen den Hörer nicht unbedingt in eine mittelalterliche Stimmung und sind auch nicht zwingend besinnlich. Reißt das die Spieler nicht aus dem Spiel?

Fistus: Wir und unsere Texte sind nicht out-time, vermeiden daher moderne Ausdrücke. Wir bedienen uns aber nicht der mittelalterlichen Sprache. Wir sind davon überzeugt, dass Fantasy mehr Möglichkeiten bietet, als nur Mittelalter zu sein. Daher lassen sich gute Rollenspieler von uns auch nicht aus dem Spiel reißen. Uns ist aber bewusst, dass wir nur bedingt einsetzbar sind, denn viele Spieler haben eine ganz genaue Vorstellung davon, welche Musik in ihrem Spiel als Hintergrundmusik laufen darf, und dazu passen wir oftmals nicht. Wir denken, dass im Bereich der Fantasy Kreativität nicht nur erlaubt, sondern sogar ein Muss ist! Die Charaktere, von denen wir in unseren Liedern erzählen, haben halt mehr Ecken und Kanten, als die aus einem typischen High-Fantasy-Roman. Das wirkt für viele seltsam, aber genau solche Charaktere machen das Live-Rollenspiel besonders facettenreich. Letztlich entscheidet das Publikum, was für es akzeptabel ist.

LZ: Ich habe in Euer neues Doppelalbum reinhören und mich ein wenig treiben lassen dürfen. Wie kam es zu dem zweigeteilten Konzept?

KnickKnack: Das Motto der Gegensätze hat es uns erlaubt, wieder unsere E-Gitarre, den E-Bass und das Schlagzeug auszupacken. Wir wollten sie aber nicht mit der typischen Kapeiken-Instrumentierung von Kontrabass, Westerngitarre und Cajón mixen. Daher die Idee von einem Doppelalbum. Liebe & Hiebe bietet alles, wozu wir musikalisch imstande sind, und mehr, als wir im Larp zeigen können. Man findet etwa zwischen den vielen Stilrichtungen auf dem Doppelalbum einen Tango über ein Monster aus dem Wald, einen Samba zum Urlaub auf Mitraspera und eine Rumba zu einem hübschen Barbarenweib. Aber alles mit rockigem Einschlag. Die Epoche des Rokoko war die Epoche, die sich an Stilen aus allen anderen Epochen bedient hat, genau das versuchen wir mit unserer Musik. Live sind wir aber wieder anders und schwer auf einen Tonträger zu bannen, dafür interagieren wir zu stark mit dem Publikum.

LZ: Wie schreibt Ihr Lieder? Woher kommen die Inspirationen?

KnickKnack: Bisher bringt Florian einen fertigen Song zu einer Veranstaltung mit. Vor Ort proben wir ihn, arrangieren ihn und probieren, ihn so schnell es geht auf dem nächsten Auftritt aus. Wenn er nicht sofort beim Publikum ankommt, fliegt er wieder raus. Fistus: Die Inspirationen holen wir aus den Erlebnissen beim Live-Rollenspiel und aus der Frage Was wäre wenn?

LZ: Welche Pläne habt Ihr für die Zukunft? Auf was darf man sich freuen?

Fistus: Wir werden der Live-Rollenspiel- Szene immer erhalten bleiben, wollen ein Musikvideo mit Rollenspielflair machen und hätten Lust, als nächstes ein Live-Album zu produzieren. Aber das alles ist noch ungeplant im Kopf und bisher nichts Definitives.